Welche Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft gibt es?

Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft sind in § 112 StPO geregelt. Liegen diese nicht vor, kann gegen die Anordnung der Untersuchungshaft vorgegangen werden. Gemäß §112 StPO wird die Untersuchungshaft angeordnet, wenn gegen den Beschuldigten ein dringender Tatverdacht besteht und darüber hinaus ein Haftgrund vorliegt.

Die Anordnung erfordert daher:

 

1. einen dringenden Tatverdacht

Dieser besteht, wenn nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nach Ansicht des Haftrichters die überwiegende Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass das Verfahren mit einer späteren Verurteilung endet.   Verurteilung des Beschuldigten besteht, sowie

 

2. einen Haftgrund

Die in der  Strafprozessordnung genannten Haftgründe sind:

  • Flucht oder Fluchtgefahr
  • Verdunkelungsgefahr
  • Wiederholungsgefahr

 Wobei in der Praxis die Fluchtgefahr eine übergeordnete Rolle spielt. 


Da es sich bei der Untersuchungshaft jedoch um einen starken Eingriff in die Freiheitsrechte des Beschuldigten handelt, wurde des weiteren festgelegt, dass die Untersuchungshaft nur angeordnet werden darf, wenn sie zu "der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe nicht außer Verhältnis steht". Dies spielt insbesondere bei geringfügigen Taten eine Rolle. 

 Wie ist der genaue Ablauf bei Anordnung der Untersuchungshaft?

Nach Festnahme des Beschuldigten wird dieser dem Haftrichter vorgeführt. Dies muss spätestens einen Tag nach der Festnahme geschehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Wochentag, oder das Wochenende handelt. Bereits bei diesem Termin hat der Beschuldigte das Recht, von seinem Verteidiger begleitet zu werden. Im Rahmen des Termins entscheidet der Haftrichter darüber, ob der Haftbefehl aufgehoben wird oder aufrecht erhalten bleibt. Im Falle dessen, dass er aufrecht erhalten bleibt wird der Beschuldigte im Anschluss an den Termin in Untersuchungshaft verbracht. Wird der Haftbefehl aufgehoben, wird der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt. Damit ist das Strafverfahren jedoch nicht beendet. Vielmehr werden Staatsanwaltschaft und Polizei weiter gegen den Beschuldigten ermitteln.

 

Eine weitere Möglichkeit ist, dass der  Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wird. Vorgesehen ist dies zwingend, wenn lediglich der Haftgrund der Fluchtgefahr besteht und durch weniger einschneidende Maßnahmen sichergestellt werden kann, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren nicht entzieht. Als Auflagen kommen beispielsweise in Frage:

  • eine Meldeauflage bei Polizei oder Staatsanwaltschaft, 
  • die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort nicht ohne Erlaubnis zu verlassen,
  • die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit (Kaution) durch den Beschuldigten oder einen Dritten.

Wird der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt hat das zur Folge, dass der Beschuldigte auf freien Fuß kommt. Jedoch müssen die Auflagen dringend  befolgt werden, ansonsten riskiert der Beschuldigte die erneute Verhaftung.



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Dauer der Untersuchungshaft: 

Die Dauer der Untersuchungshaft ist entgegen der Dauer der Strafhaft erstmal nicht zeitlich begrenzt. Das heißt, die Untersuchungshaft wird beispielsweise nicht für 3 Monate angeordnet. Dies kann dazu führen, dass der Beschuldigte unter gewissen Umständen in Haft bleibt, bis die Hauptverhandlung durchgeführt wird und auch noch während dessen. Trotz des im Falle der Untersuchungshaft geltenden Beschleunigungsgrundsatzes kann  sich die Untersuchungshaft über Monate hin ziehen. 
 
Im Falle dessen, dass die Untersuchungshaft länger als 6 Monate dauert, prüft das Oberlandesgericht ob die Fortdauer angeordnet werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die "besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen". Dieser wichtige Grund darf nicht die Überlastung des Gerichts sein. Sollte die Fortdauer angeordnet werden findet eine solche besondere Haftprüfung anschließend alle drei Monate statt.
 
Der Beschuldigte muss jedoch die 6 Monate nicht abwarten. Er hat vielmehr jederzeit die Möglichkeit, den Haftbefehl überprüfen zu lassen. Da die Außervollzugsetzung des Haftbefehls jedoch an rechtliche Voraussetzungen geknüpft ist, empfiehlt es sich die Hilfe eines qualifizierten Strafverteidigers in Anspruch zu nehmen. 

Rechtsmittel gegen Untersuchungshaft:

Der Beschuldigte muss die Untersuchungshaft nicht einfach über sich ergehen lassen. Vielmehr gibt es gegen den Haftbefehl zwei Rechtsmittel. Diese können jederzeit eingelegt werden. Zum einen besteht die Möglichkeit der Haftprüfung gem. § 117 StPO und zum anderen die Möglichkeit der Haftbeschwerde gem. §§ 114, 304 StPO.

 

Bei Beantragung einer Haftprüfung kommt es zu einer persönlichen Anhörung des Beschuldigten. In der mündlichen Verhandlung besteht die Möglichkeit darzulegen, dass die Voraussetzungen des Haftbefehls nicht oder nicht mehr vorliegen. 

 

Des Weiteren ist eine Haftbeschwerde möglich. Sie ist jedoch nicht zugleich mit der Haftprüfung zulässig. Es findet keine mündliche Verhandlung statt. Geprüft werden vor allem rechtliche Argumente die gegen den Haftbefehl sprechen. 

Wozu braucht der Beschuldigte einen Strafverteidiger? 

Da der Strafverteidiger schon bei der Vorführung vor den Haftrichter anwesend sein darf, kann er bereits zu diesem Zeitpunkt versuchen die Anordnung der Untersuchungshaft zu verhindern. Auch kann er darauf achten, dass der Beschuldigte keine Einlassung macht, die ihn in seinen Verteidigungsmöglichkeiten einschränkt, oder eine Einlassung unterlässt, die gegen die Untersuchungshaft sprechen würde. 

Auch kann der Verteidiger, falls Untersuchungshaft angeordnet wird prüfen, ob erfolgsversprechende Rechtsmittel gegen diese gegen sind. Überdies wird der Verteidiger durch Absprache mit dem Beschuldigten ausloten, ob Möglichkeiten einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls bestehen.

 

Die Vollstreckung von Untersuchungshaft begründet immer einen Fall der notwendigen Verteidigung. Dies bedeutet, dass der Untersuchungsgefangene Anspruch auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers hat.



 Strafverteidigung bei Untersuchungshaft

Der Beschuldigte benötigte sofort kompetenten Beistand. Ihm steht im Falle der Festnahme das Recht zu zu schweigen. Von diesem Recht sollte er Gebrauch machen. Auch darf der Beschuldigt einen Anwalt seines Vertrauens kontaktieren. Als Beschuldigter oder Angehöriger eines Beschuldigten der bereits in Untersuchungshaft verbracht worden ist, erreichen Sie mich unter der Telefonnummer


sowie im Notfall unter der 

 
Da gerade bei der Untersuchungshaft ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, kontaktieren Sie auch bei Mittellosigkeit zwingend einen Verteidiger Ihrer Wahl. 

Hinweis

Diese Rechtstipps haben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Im Einzelfall kann eine andere Entscheidung angezeigt sein. Die  Rechtstipps sollen und können eine anwaltliche Beratung nicht ersetzen. Im Zweifel sollten Sie den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens kontaktieren. Über die eingerichtete Kontaktfunktion auf meiner Website, die allgemeinen Kontaktinformationen und Notfallnummer für Durchsuchungen, Festnahmen oder Verhaftungen stehen ich Ihnen gerne zur Verfügung.